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Dag Frommhold

Hessen: Schonzeiten für Füchse, Steinmarder und Waschbären „unverhältnismäßig"?

Aktualisiert: 20. Feb. 2020

Im Jahr 2016 wurde in Hessen eine Schonzeit für Füchse von Anfang März bis Mitte August eingeführt – ein kleines Zugeständnis an den Tierschutz. Die Regelung sollte es Füchsen ermöglichen, zumindest ihren Nachwuchs unbehelligt von menschlichen Nachstellungen großzuziehen. Mit seinem Urteil zu einem Normenkontrollantrag der FDP kassiert der hessische Staatsgerichtshof diese Regelung nun teilweise: Sie stelle einen „unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsrecht“ dar.


Bereits 2018 wurde die Schonzeit für Füchse und Waschbären in 89 Jagdbezirken der Wetterau auf massiven Druck der Jagdverbände unter scheinheiligen Vorwänden aufgehoben. Das jüngste Urteil des hessischen Staatsgerichtshofs versetzt den zaghaften Bemühungen, Beutegreifern wenigstens ein Mindestmaß an Schutz zu gewähren, nun den Todesstoß.

Die Verkürzung von Jagdzeiten mit dem Ziel, Tiere vor unnötiger Tötung zu bewahren, sei grundsätzlich nicht gerechtfertigt, weil die „weidgerechte Jagdausübung“ selbst ein ausreichender Grund für die Tötung von Tieren sei.


FDP-Fraktion im Schulterschluss mit der Jägerschaft

Die oppositionelle FDP-Fraktion im hessischen Landtag war – flankiert von entsprechender Lobby- und Pressearbeit der Jägerschaft – per Normenkontrollklage gegen die hessische Jagdverordnung vorgegangen. Der Gerichtshof gab ihr nun in einigen wesentlichen Punkten recht: Die (kurzen) Schonzeiten für Füchse, Waschbären und Steinmarder, so argumentiert das Gericht, stellten einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Jagd- und damit das Eigentumsrecht dar!


Tierschutz: Kein Grund für die Verkürzung von Jagdzeiten?

Die weitere Begründung des Staatsgerichtshofs ist aus Sicht des Tierschutzes nicht minder haarsträubend: Die Verkürzung von Jagdzeiten mit dem Zweck, Tiere vor unnötiger Tötung zu bewahren, sei grundsätzlich nicht gerechtfertigt, weil die „weidgerechte Jagdausübung“ selbst ein ausreichender Grund für die Tötung von Tieren sei. Was genau weidgerecht ist und was nicht, ist jedoch nicht rechtssicher definiert und wird von der Jägerschaft nach eigenem Gutdünken ausgelegt.


Kein Schutz für Fuchswelpen

Auch der Hinweis darauf, Tiere zumindest in ihrer Fortpflanzungs- und Aufzuchtzeit von der Jagd zu verschonen, stieß im Staatsgerichtshof auf wenig Gegenliebe: In seiner Pressemitteilung argumentiert dieser, dass der Elterntierschutz zwar „legitim“ sei, es jedoch keine Grundlage für den Schutz von noch nicht geschlechtsreifen Jungtieren gebe.


Umweltministerin Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grüne): Einknicken vor der Jägerschaft

Leider zeigt die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grüne) angesichts dieses skandalösen Urteils wenig Rückgrat: Auf Druck von Jägern hatte sie bereits zuvor angekündigt, Jungwaschbären wieder ganzjährig zum Abschuss freizugeben. Nun gab sie zu Protokoll, mit der Entscheidung des Gerichts zufrieden zu sein, und kündigte Änderungen an den Schonzeiten von Fuchs, Marderhund und Steinmarder an. Was für junge Waschbären bereits traurige Realität ist, steht nun vermutlich auch Fuchswelpen bevor: Das ebenso sinnlose wie grausame Töten von Jungfüchsen am elterlichen Bau wird in Hessen künftig wohl wieder an der Tagesordnung sein.


„Dieser Kotau vor den Abschussinteressen der Jagdlobby verhöhnt den Tier- und Naturschutz, aber auch den Willen eines großen Teils der Gesellschaft“, so Daniel Peller, Mitinitiator des Aktionsbündnisses Fuchs mit bundesweit mehr als sechzig Mitgliedsorganisationen. „In einer Zeit von Artensterben und Klimawandel, in der den Menschen die Dringlichkeit von Umweltschutzthemen immer mehr bewusst wird, ist ein solches Urteil zugunsten einer kleinen Klientel von Hobbyjägern und auf Kosten von Tieren und Allgemeinheit schlicht anachronistisch. Die Politik ist dringend gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Tierschutz mehr Gewicht gegenüber Jagdinteressen verleihen – statt wieder und wieder vor der Jagdlobby einzuknicken.“



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